Was treibt Josef Ostermayer an?

KOLUMNE VON LIBERO. Der Kanzlerdarsteller Werner Faymann ist entzaubert. Aber warum verweigert sich der angebliche Mastermind Josef Ostermayer beharrlich der Realität?

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KOLUMNE VON LIBERO*. Der Kanzlerdarsteller Werner Faymann ist entzaubert. Aber warum verweigert sich der angebliche Mastermind Josef Ostermayer beharrlich der Realität?

Josef Ostermayer fiel es zu, am Montagabend im ZiB2-Studio das Nullergebnis der Sitzung des SPÖ-Präsidiums zu verteidigen; die von den roten Granden gemeinsam ausgebrütete Erkenntnis, dass die Lage zwar unerfreulich bis aussichtslos sei, aber noch lange kein Grund für personelle Konsequenzen. Er tat das wortreich und nichtssagend, ging konsequent auf Fragen nicht ein, schwadronierte stattdessen munter über dies und das, vornehmlich über Flüchtlinge, um nur ja nicht auf den Punkt zu kommen.

Eindrucksvoller konnte einen Tag nach dem Wahldebakel der beiden Regierungsparteien Ratlosigkeit nicht dokumentiert werden: Da steuerte einer gezielt am Thema vorbei, in der Hoffnung, sich so auch an den massiven, nicht mehr zu übersehenden Problemen vorbeimogeln zu können. Ostermayers jenseitiger Auftritt war ganz alte Schule, verriet fortgeschrittenen Realitätsverlust. So reden Politiker, die nichts mehr zu sagen haben. Sie erzählen Geschichten, die kaum noch jemand hören will.

Am Beispiel der Argumentation, die jetzt von allen Faymann-Getreuen nachgebetet wird: Die ÖVP habe in jüngster Zeit gleich viermal den Obmann gewechselt und stehe auch nicht besser da. Abgesehen davon, dass der Verweis auf ähnliches Elend nur ein schwacher Trost und zwischen einmal und viermal doch Unterschied ist, hieße das in der Konsequenz: Mögen andere in Panik verfallen, unser Vorsitzender darf scheitern und bleiben! Faymann auf Lebenszeit!

Die Faymann-SPÖ hat ein grundsätzliches Defizit: Weil es ihr an Substanz, Phantasie, Prinzipien und Gestaltungskraft mangelt, gibt es kein überzeugendes politisches Konzept, gibt es keine Story zu erzählen.

Wer so argumentiert, nimmt das Publikum nicht ernst. Die Faymann-SPÖ hat ein grundsätzliches Defizit: Weil es ihr an Substanz, Phantasie, Prinzipien und Gestaltungskraft mangelt, gibt es kein überzeugendes politisches Konzept, gibt es keine Story zu erzählen. Stattdessen wird Spektakel für den Tag gemacht und vernebelt. Blödeleien à la „Gartentürl mit Seitenteilen“ statt Ernsthaftigkeit.

Das ist erstaunlich lange gutgegangen, doch jetzt scheint diese Nummer endgültig entzaubert. Darüber wird sich auf Dauer auch Faymanns getreuer Diener Ostermayer nicht mehr hinwegreden können. Oder er verweigert sich weiterhin der herben Wirklichkeit.

Der Mann aus dem Burgenland wird als klug, kunstinteressiert, belesen, intellektuell beschrieben. Da stellt sich schon die Frage: Wie kann sich so jemand sein politisches Leben lang einem Mann verschreiben, der das exakte Gegenteil verkörpert? Der Nicht-Handeln zu seiner Maxime erhoben hat und nicht führt, der das Land in lähmenden Stillstand taucht und immer mehr Wut auf alles Politische schürt? Wie kann einer wie Josef Ostermayer trotzdem unverdrossen an Werner Faymann festhalten?

Vielleicht stellt er Loyalität über alles andere, ist sie für ihn eine besondere sozialdemokratische Tugend. Es ist wohl so, dass Loyalität mit der Zeit blind macht.

Vielleicht hat er nur den richtigen Zeitpunkt zur Trennung verpasst und sitzt jetzt fest. Klammert sich mangels beruflicher Alternativen an sein Kanzleramt. 

Oder aber Ostermayer sieht, ahnt zumindest, dass es mit diesem Mann an der Spitze nur noch bergab gehen kann. Vielleicht hat er nur den richtigen Zeitpunkt zur Trennung verpasst und sitzt jetzt fest. Klammert sich mangels beruflicher Alternativen an sein Kanzleramt. Wo wäre seine andere persönliche Zukunft? Landeshauptmann im Burgenland könnte er noch werden, wenn Amtsinhaber Hans Niessl keine Lust auf Politik mehr hat. Danach schaut es zurzeit allerdings nicht aus, da er zusammen mit seinem Landsmann Hans Peter Doskozil gerade dabei ist, die Gesamtpartei geistig zu übernehmen.

Vielleicht aber geht es Ostermayer, wie seinem Chef, sowieso nur um Machterhalt, was immer das angesichts des Zustands der SPÖ und der Regierung sein soll. Oder er ist nicht der, für den er gemeinhin gehalten wird. Vielleicht ist er ohne Werner Faymann gar nicht denkbar, wie dieser nicht ohne ihn. Vielleicht hat er auch nur Spaß an einem Parteivorsitzenden und Kanzler, den er, der Strippenzieher, einer Marionette gleich auf der politischen Bühne tanzen lässt.

Dann wäre nicht Faymann das eigentliche Problem, sondern Ostermayer, der Mastermind.

*) Der Libero ist ein politisch denkender, von Parteien und Interessenvertretungen unabhängiger Bürger.

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