Sobotka (fast) ungebremst

ANALYSE. Im Moment ist es ein Glück, dass SPÖ und ÖVP nicht miteinander können. Auf Dauer ist das jedoch nicht genug. 

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ANALYSE. Im Moment ist es ein Glück, dass SPÖ und ÖVP nicht miteinander können. Auf Dauer ist das jedoch nicht genug.

Eigentlich ist der Innenmister befangen: Wolfgang Sobotka sollte zum einen für die Sicherheit und zum anderen für die Freiheit sorgen. Das muss zu Interessenskonflikten führen. Wie jetzt, da es um Versammlungen geht. Wobei der niederösterreichische ÖVP-Politiker insofern kein größeres Problem damit hat, als er die Freiheitsrechte im Zweifelsfall hintanstellt und sich ganz auf Sicherheitsfragen konzentriert. Was sehr wahrscheinlich sogar sehr österreichisch ist: Der Innenminister kümmert sich im Sinne der Sicherheit allein um die Freiheit. 

So gesehen ist es ein Glück, dass er mit dem Koalitionspartner ganz und gar nicht zurechtkommt; es hindert ihn daran, seine Vorstellungen durchzusetzen. Auf Dauer ist das jedoch keine Lösung. Das zeigt sich schon daran, dass auch die Gegenvorstellungen der SPÖ zum Versammlungsgesetz nicht unzweifelhaft sind. Im Gegenteil: Sie will Wahlkampf-Auftritte, die den außenpolitischen Interessen Österreichs widersprechen, verbieten lassen. Was ebenfalls fragwürdig ist: Die außenpolitischen Interessen der Republik müssen nicht vernünftig sein; sie können sogar selbst Proteste begründen. Abgesehen davon decken sich die diesbezüglichen Vorstellungen der Regierungsparteien nicht mehr unbedingt; der Konsens, den SPÖ und ÖVP zumindest in diesem einen Bereich über Jahrzehnte hinweg pflegten, ist aufgekündigt.

Man sollte sich also zunehmend mit der Frage auseinandersetzen, wer Sobotka wirklich bremsen könnte? Und da geht es einzig und allein darum, dass der „Sicherheitsminister“ einen gleichgewichtigen Gegenspieler braucht, der die Freiheitsrechte hochhält.

Einer ihrer wichtigsten Hüter auf nationaler Ebene ist der Verfassungsgerichtshof. Seine Möglichkeiten sind jedoch begrenzt. An politischen Auseinandersetzungen kann er nicht unmittelbar teilnehmen. Der Justizminister, der mit Recht zu tun hat, versteht darunter wiederum eher Ordnung. In diesem Sinne kämpft Wolfgang Brandstetter (ÖVP) etwa nicht gegen eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung; er ist vielmehr für sie.

Ja, man muss sich Sorgen um die Freiheitsrechte machen. Liberale Parteien, die „weniger Staat“ auf ihre Fahnen geschrieben haben, haben in Österreich keine Tradition. Ob die NEOS eine solche entwickeln können, muss sich erst weisen. Und die ÖVP redet zwar davon, verkörpert mit Leuten wie Sobotka jedoch den personifizierten Widerspruch dazu.

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