Rot-schwarzes Katastrophengebiet

ANALYSE. Wo SPÖ und ÖVP einst stark waren, hat die Mehrheit auch diesmal blau gewählt: in der Steiermark. 

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ANALYSE. Wo SPÖ und ÖVP einst stark waren, hat die Mehrheit auch diesmal blau gewählt: in der Steiermark.

Wer bei Nationalratswahlen erfolgreich sein will, dem kann die Steiermark ganz und gar nicht egal sein; immerhin ist dort jeder sechste Wahlberechtigte zu Hause. So gesehen müssen SPÖ- und ÖVP-Bundesvertreter wie Kanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner in Panik verfallen, wenn sie sehen, was sich in der einst grünen, politisch aber rot-schwarzen Mark tut: die dortigen Parteifreunde haben die Not. Seit Jahren legen die Freiheitlichen auf ihre Kosten zu.

Bei der Nationalratswahl 2013 war die Steiermark das einzige Bundesland, in dem die Freiheitlichen auf Platz eins kamen. Die Sozialdemokraten brachen damals in den Industriegebieten der Muhr-Mürz-Furche ein. Bezirk Bruck-Mürzzuschlag: minus acht Prozentpunkte. Bezirk Leoben: detto. Bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr verloren sie und die ÖVP landesweit neun Prozentpunkte und konnten sich nur noch knapp vor den Freiheitlichen behaupten. Vor allem die Volkspartei musste das schmerzen; gehörte die Steiermark auf landespolitischer Ebene doch immer zu ihren Hochburgen. Doch das ist Geschichte.

Im Bezirk Leibnitz etwa, wo die ÖVP bei den Landtagswahlen 2010 noch fast 50 Prozent geschafft hatte, holte Hofer am Sonntag eine Zweidrittelmehrheit. 

Das nächste rot-schwarze Debakel setzte es nun bei der Bundespräsidenten-Wahl: Hofer lag in der Steiermark insgesamt mit rund 55 Prozent (ohne Wahlkarten) vorne. In Arbeiterregionen, die einst der SPÖ „gehörten“ tat er dies ebenfalls; und das, obwohl sich die Parteigranden bis hin zu Christian Kern für den Gegenkandidaten, Alexander Van der Bellen, ausgesprochen hatten. Schlimmer noch traf’s freilich die ÖVP: Im Bezirk Leibnitz etwa, wo sie bei den Landtagswahlen 2010 noch fast 50 Prozent geschafft hatte, holte Hofer am Sonntag eine Zweidrittelmehrheit.

Sucht man nach einfachen Erklärungen für diese Entwicklungen, findet man sie; zumindest eine davon ist schlüssig: Die Steiermark ist mehr als andere Länder von einem Strukturwandel betroffen. Mit Ausnahme von Graz gibt’s ungewöhnlich starke Abwanderung. Die Einwohnerzahl von Eisenerz (dem Extremfall) hat sich seit Mitte der 1950er Jahre auf rund 4300 gedrittelt. Und wo es Abwanderung gibt, herrscht in der Regel auch Hoffnungslosigkeit. Was wiederum ein Nährboden für rechtspopulistische Erfolge ist.

Die steirische SPÖ hatte bisher keine Antwort darauf. In der ÖVP drängte Nationalratsklubobmann Reinhold Lopatka dagegen schon nach der Landtagswahl 2015 auf eine solche: eine Koalition mit den Freiheitlichen. Durchsetzen konnte er sich damit allerdings nicht. Zustande gekommen ist noch einmal Schwarz-Rot.

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