Burschen statt Buberln

ANALYSE. Die Freiheitlichen richten heute ganz andere Schäden an als zu Beginn der 2000er Jahre. 

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ANALYSE. Die Freiheitlichen richten heute ganz andere Schäden an als zu Beginn der 2000er Jahre.

Was Freiheitliche zu Jörg Haiders Zeiten angerichtet haben, ist zum Teil noch immer gerichtsanhängig. Im Spiel war ganz offensichtlich eine ordentliche Portion Schlitzohrigkeit. Oder Unverschämtheit. Wie immer man will. Leidtragende waren und sind jedenfalls die Steuerzahler.

Wobei man dem nunmehrigen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nicht einmal groß widersprechen kann, wenn er immer wieder betont, dass das nicht seine Partei gewesen sei. Seine Partei ist wirklich eine etwas andere: An die Stelle von Buberln, die Haider um sich geschart hatte, sind Burschen getreten. Bei ihnen steht eine Geisteshaltung im Vordergrund, die ihren Vorgängern womöglich intellektuell nicht einmal zugänglich war; deren Sache ist schließlich eher das Handwerkliche gewesen.

Darüber zu diskutieren, wer gefährlicher ist, ist müßig: Buberln richten unter Umständen finanzielle Schäden an, Burschen gefährden das gesellschaftliche Zusammenleben; da geht es an die Substanz. Zumal ihnen jetzt auch noch zur Umsetzung ihrer Vorstellungen direkt oder indirekt (über ihre dortigen Parteifreunde) das Innen- und das Verteidigungsministerium zugänglich sind, sämtliche Geheimdienste inklusive.

Darüber wundern, dass der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer bisher Vizechef einer Burschenschaft gewesen ist, die in einem Liederbuch Judenmord verherrlicht, kann man sich unter all diesen Umständen nicht. Genauso wenig, wie darüber, dass er nicht auf die Idee kommt, von seiner politischen Funktion zurückzutreten; und dass er von seinen Parteifreunden nicht dazu gezwungen wird: Sie sehen keinen Anlass dafür (und dafür kann auch keine Landtagswahl zur Rechtfertigung herangezogen werden).

Fürs „deutsche Vaterland“: Von wegen Bekenntnis zu Österreich, das wird durch Straches Leute unterwandert.

Das Problem ist: Indem es ganz offensichtlich durchgeht, dass Landbauer seine Mitgliedschaft bei der „Germania zu Wiener Neustadt“ nur ruhend stellt und den Liedtext verurteilt, wird ein neuer Maßstab gesetzt: Wirklich schlimm soll das, was er da als stellvertretender Vereinsobmann mitzuverantworten hat, demnach nicht sein.

Und das hat selbstverständlich auch der Bundesparteiobmann, der solche Leute in seinen Reihen duldet, mitzutragen: Heinz-Christian Strache, seines Zeichens neuerdings auch Vizekanzler dieser Republik. Er ist der oberste Chef von Landbauer.

Doch unter Straches Führung konnten die Burschenschafter eben erst zahlreich in den Nationalrat einziehen. Mit Abgeordneten wie Gerhard Kaniak, der der „Albia Wien“ angehört. Die ihr Selbstverständnis eigenen Angaben zufolge durch das Lied des „Schwarz-Rot-Goldenen-Kartells“ zum Ausdruck gebracht sehen. Darin heißt es etwa: „Du sollst den Tod nicht scheuen fürs deutsche Vaterland!“ Fürs „deutsche Vaterland“: Von wegen Bekenntnis zu Österreich und Werten, wie sie Strache unentwegt Zuwanderern abverlangt; diese werden vielmehr durch seine eigenen Leute unterwandert.

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